Stadtforschung + Statistik - Ausgabe 1/2022
- 116 Seiten
- Format: 21 x 29,7 cm
- 2022
Kinder gelten als die Zukunft einer Gesellschaft. Alles, was sie in ihren ersten Lebensjahren erfahren bzw. lernen können, hat starke positive wie negative Auswirkungen auf ihr Leben als Erwachsene, auf ihr intellektuelles, soziales, kulturelles wie ökonomisches Vermögen – und damit auf ihr Zusammenleben mit anderen. Infolge der Corona-Pandemie sind die Auswirkungen von Freiheiten und Beschränkungen auf Kinder verstärkt zum Thema eines öffentlichen Diskurses geworden. Uns interessiert hier, was Analysen kommunaler Daten empirisch zum Thema Kinder in der Stadt beisteuern können.
Zunächst geht es auf Grundlage der Erfahrungen aus der Freiburger Kinderstudie um die Notwendigkeit kommunaler Kinderpolitik. Da eine kinderfreundliche Stadt nicht ohne Kinder gestaltet werden kann, berichten sodann Dortmunder Kolleginnen aus ihrem Beteiligungsprojekt mit Kita-Kindern, dessen erfreulich erfolgreicher Ansatz zum Nachmachen animiert. Drei folgende Artikel widmen sich eher belastenden Lebensrealitäten, in denen Kinder aufwachsen (müssen) und die ihr weiteres Leben wahrscheinlich dauerhaft prägen werden: Zunächst geht es um den Zusammenhang zwischen einem ökonomisch und sozial benachteiligten Umfeld und der Gesundheit dort aufwachsender Kinder, für die im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen der BMI festgestellt wird. Ein weiterer Beitrag schaut auf beengte Wohnverhältnisse von Familien in der Grundsicherung für Arbeitssuchende; unabhängig vom Messkonzept sind davon insbesondere kinderreiche Familien in Großstädten betroffen mit gravierenden Folgen für die Bewegungsmöglichkeiten der Kinder. Und schließlich wird auf Grundlage kleinräumiger Daten dargestellt, wie sich Kinderarmut sozialräumlich sowohl im Vergleich deutscher Großstädte als auch im innerstädtischen Stadtteilvergleich verteilt – Kinder aus Bedarfsgemeinschaften starten messbar mit deutlich schlechterer ökonomischer wie soziokultureller Ausstattung ins Leben. Daran anschließende widmet sich ein Beitrag auf Basis der regionalen Kinder- und Jugendhilfestatistik der Kindertagesbetreuung mit dem Befund, dass es hinsichtlich der Nutzung bzw. der Zugangschancen deutliche Unterschiede zwischen städtischem und ländlichem Umfeld sowie zwischen Kindern mit deutscher und nicht-deutscher Familiensprache gibt. Der letzte Artikel zum Themenschwerpunkt nimmt Kinderleben in der Suburbia in den Fokus und arbeitet vier familienbezogene Wahrnehmungs-, Aktions- und Aneignungsräume heraus, deren Beschreibung verdeutlicht, dass es nicht nur die geringeren Wohnkosten sind, die Familien ins städtische Umland ziehen.
In der Rubrik Stadtforschung schließen sich drei Beiträge an, die ergänzend zum Kinderthema Familien in den Blick nehmen. Zunächst geht es um Stadt-Umland-Wanderungen in Leipzig, sodann um Familienumzüge in Freiburg und der dritte Artikel stellt eine Studie zu allein Erziehenden in Bielefeld vor. Drei weitere Beiträge setzen die Diskussion um die Folgen der Corona-Pandemie (Schwerpunktthema 1/2021) für Stadtentwicklung und Stadtforschung fort. Auch in der Rubrik Statistik und Informationsmanagement wird mit dem Beitrag zur Qualifizierung einfacher Mietspiegel ein früheres Thema (ebenfalls 1/2021) wieder aufgenommen. Zum Abschluss bietet in der Rubrik Historie der Beitrag zur Kindesterblichkeit im antiken Rom nicht nur eine Ergänzung zum Heftschwerpunkt, sondern auch einen inspirierenden Einblick in die empirische Arbeitsweise einer anderen Disziplin.
Gabriele Sturm und Till Heinsohn