Stadtforschung + Statistik - Ausgabe 1/2024
- 92 Seiten
- Format: 21 x 29,7 cm
- 2024
Befragungen und die mittels ihnen gewonnenen Einblicke und Erkenntnisse sind aus vielen kommunalen Statistikstellen und Stadtverwaltungen heute nicht mehr wegzudenken. Lässt man die Entwicklung der vergangenen Jahre Revue passieren, so wird man sogar zu dem Schluss gelangen, dass Befragungsdaten zunehmend an Bedeutung gewonnen haben. Bei allem Hype um neue digitale Daten geht diese Entwicklung gelegentlich unter. Grund genug der Bedeutung kommunaler Befragungen mit diesem Schwerpunkt Rechnung zu tragen und den Kolleginnen und Kollegen mit der Verbandszeitschrift eine Plattform zu bieten, über ihre vielfältigen und erkenntnisreichen Projekte zu berichten.
Den Anfang macht eine eigens für diesen Schwerpunkt durchgeführte Befragung unter 61 Städten. Stefanie Neurauter und Falk Abel, die der verbandseigenen Arbeitsgemeinschaft Umfragen vorsitzen, zeichnen in ihrem Beitrag die Vielfalt kommunaler Befragungen eindrucksvoll nach. Ein erstes Anschauungsbeispiel liefern Jan Philipp Starcke und Jan Dohnke mit ihrer Bevölkerungsbefragung zur persönlichen Handlungsbereitschaft gegen die Klimakrise in Darmstadt. Dass bestehende Sorgen dabei nicht zwangsläufig auch mit der Bereitschaft einhergehen auf Annehmlichkeiten zu verzichten, wird hier eindrucksvoll belegt. Elternbefragungen zur Betreuungssituation ihrer Kinder stellen ein typisches Erkenntnisinteresse im Qualitätsmanagement vieler Stadtverwaltungen dar. Davon berichtet sowohl der Beitrag von Jakob Weil aus Bielefeld als auch der Beitrag von Stephanie Huber und Frank Westholt aus Osnabrück. Luigi Droste und Marko Heyse – Soziologen an der Universität Münster – spüren dem Zusammenhang zwischen Bildungsabschluss und Fahrradnutzung in der Fahrradhochburg Deutschlands im Zeitverlauf nach und berichten von einem robusten und an Stärke zunehmenden Zusammenhang. In einem Kooperationsprojekt zwischen Universität und Kommunalstatistik skizzieren Tim Pfeiffer und Björn Schippers das Forschungsprogramm einer randomisierten Kontrollstudie zum Einfluss der Polizeipräsenz auf das Sicherheitsgefühl und die Sicherheitslage in Kassel – auf das noch nicht veröffentlichte Ergebnis warten wir mit Hochspannung. Der anstehenden Teillegalisierung von Cannabis geht in Frankfurt eine Bevölkerungsbefragung voraus. Das dortige Drogenreferat in Person von Jakob Schlink und Artur Schroers findet in Zusammenarbeit mit dem Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (Philipp Hiller und Kirsten Lehmann) unter anderem heraus, dass die Bekanntheit des bestehenden Hilfeangebots bei problematischem Cannabiskonsum mitunter noch zu wünschen übrig lässt. Schließlich beleuchtet sowohl der Beitrag von Christian Stein aus Frankfurt, als auch der Beitrag von Jochen Gieck aus Stuttgart, die Effekte, die mit der methodischen Umstellung „push to web“ einhergehen. Auch wenn der Papierfragebogen bislang noch als unverzichtbar scheint, so machen beide Städte ausgesprochen positive Erfahrungen damit, die Befragten zur digitalen Beantwortung der Fragebogen zu verleiten.
Neben dem Schwerpunkt der kommunalen Befragungen wartet das vorliegende Heft in der Rubrik Stadtforschung mit zwei weiteren interessanten Beiträgen auf. Rupert Kawka vom BBSR stellt einen neuen regionalen Preisindex auf Kreisebene für Deutschland vor. Zur Abbildung des Warenkorbs werden hier mittels web scraping unter anderem Preise auf den Internetseiten einzelner Anbieter automatisiert ausgelesen. Andrea Schultz zeigt am Beispiel von Leipzig, dass die Mietbelastungsquote als Indikator zur Messung angespannter Wohnungsmärkte versagen kann. Anstelle dessen bringt die Autorin die Verwendung des realen Nettoäquivalenz-Resteinkommens ins Spiel.
In der Rubrik Statistik und Informationsmanagement ist es an mir, von den ersten Erfahrungen beim Aufbau eines Befragungspanels für Stuttgart zu berichten. Mit diesem sollen nicht nur Ad-hoc Befragungen möglich sein, sondern auch Längsschnittuntersuchungen realisiert werden. In der Hoffnung mit diesem Heft allen Lesenden einen Einblick in die Praxis kommunaler Befragungen zu bieten, wünsche ich Ihnen nun eine angenehme Lektüre.
Dr. Till Heinsohn